Rund 400 Patienten dürfen in Deutschland legal Cannabis zu medizinischen Zwecken erwerben. Doch ein Freibrief für das Rauchen von Joints ist das nicht. Das musste zuletzt ein Berliner erfahren: Der Mann wurde Mitte Mai im Görlitzer Park während eines sogenannten „Smoke-Ins“ festgenommen – zu Recht, wie die Polizei argumentiert. Denn das provokative Rauchen eines Joints gehört aus ihrer Sicht nicht zum verantwortungsvollen Umgang mit Betäubungsmitteln.
Die Polizei bestätigt, dass der Mann vorläufig festgenommen wurde. Er habe eine Dose Cannabis bei sich getragen und den Beamten die Kopie einer Erlaubnis der Bundesopiumstelle zum Umgang mit Medizinal-Cannabisblüten gezeigt. „Die Echtheit dieser Genehmigung konnte in diesem Moment nicht geprüft werden“, so ein Polizeisprecher. Der Mann sei daraufhin durchsucht worden. Dabei fanden die Beamten eine Vorratsdose, die nicht mit einem Namensetikett versehen war.
„Der Mann zündete sich demonstrativ vor den Polizisten einen sogenannten 'Joint' an und begründete dies als Teil seiner Eigentherapie“, schildert der Polizeisprecher den weiteren Verlauf. Damit habe er allerdings nicht nach den Vorgaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gehandelt.
Eine Sprecherin der Behörde erklärt, dass Patienten in dem Antragsverfahren für eine Ausnahmeerlaubnis darauf hingewiesen werden, dass sie die betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben beachten müssen. Dazu gehöre auch der verantwortungsvolle Umgang mit dem Arzneimittel. Konkrete Regelungen, was Patienten mit dem Medikament tun oder nicht tun dürften, gebe es aber nicht. Manche würden das Cannabis rauchen, andere würden es verbacken.
Bei der Polizei ist man überzeugt: „Nach Auffassung des BfArM stellt das Rauchen eines Joints in der Öffentlichkeit keinen verantwortungsbewussten Umgang mit Betäubungsmitteln dar.“ Insbesondere der „ostentative Gebrauch“ ist dem Sprecher zufolge dazu geeignet, den Einsatz von Betäubungsmitteln zu verharmlosen. Das stellt aus seiner Sicht auch einen Verstoß gegen das Verbot, für Betäubungsmittel zu werben, dar – immerhin hätten sich während des Vorfalls viele Familien mit Kindern in dem Park befunden.
Da der Anfangsverdacht der strafbaren Handlung damit gegeben war, waren die Beamten laut dem Polizeisprecher „zur Durchführung strafprozessualer Maßnahmen verpflichtet“. Auf Nachfrage beim BfArM stellte sich zudem heraus, dass die Ausnahmegenehmigung nicht mehr gültig war.
Aktivisten hatten zu dem gemeinsamen Protestrauchen geladen, unter den Teilnehmern waren auch Vertreter der Piratenpartei, die von dem Vorfall berichteten. Demnach hatten Zivilbeamte gezielt nach Kiffern Ausschau gehalten und ihren Kollegen Bericht erstattet. Beamte in Schutzausrüstung hätten dann Strafanzeige erteilen und das Marihuana beschlagnahmen sollen.
Das passierte auch dem Mann, der sich neben dem Infowagen der Piratenpartei einen Joint angezündet hatte. Er habe den Beamten seine Ausnahmegenehmigung gezeigt und dabei unbeirrt weitergeraucht. Wiederholt hätten die umstehenden Aktivisten den Polizeibeamten erläutert, dass der Mann legal seine Medizin rauche. Nach länger andauernder Diskussion und Prüfung der Erlaubnis sei schließlich vorerst von einer Strafanzeige abgesehen worden.
Wenige Minuten später sei der Mann aber erneut aufgehalten und durchsucht worden. Dabei hätten die Beamten seine Vorratsdose beschlagnahmt. Sie hätten zudem Strafanzeige erstattet, weil sie bezweifelten, dass der Mann das Medikament in dieser Menge bei sich tragen und öffentlich konsumieren darf.
Die Piratenpartei hatte nach der Festnahme kritisiert, die Polizei hätte den Patienten ins Visier genommen, statt sich auf die anwesenden Dealer zu konzentrieren. „Hier zeigt sich die unhaltbare Diskriminierung von Konsumenten von Medizinalhanf.“
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